Archiv vom Dezember, 2011
NEU: Mobile Reporting – Multimediale Berichte von unterwegs
Wer als Journalist ein Smartphone dabei hat, ist eigentlich mit einem kompletten Aufnahmestudio ausgerüstet. Wir wissen, dass man damit multimedial berichten kann – sofort, direkt vom Ort des Geschehens, von unterwegs: ein kleiner Radiobeitrag, ein Video-Interview oder ein Blogposting mit Text und Bild. Doch wie geht das konkret?
Ziel des Workshops ist das praktische Erlernen des Mobile Reporting. Nicht nur im Seminarraum, sondern draussen, mobil, unter echten Bedingungen. Welche Formate sind überhaupt sinnvoll? Und welche Apps, Programme und Plattformen braucht es? Worauf muss man beim Filmen mit dem Handy achten? Wie schneidet man ein Audio-Clip und wie kommen Bild und Text zusammen zur Redaktion oder gleich ins Internet?
http://kurse.maz.ch/de/kurse/default.htm?igrpid=3&detailid=60194
Zielgruppe
JournalistInnen mit grundlegenden Multimedia-Kenntnissen
Voraussetzungen
Eigenes Smartphone (iPhone, Android), vorinstallierte Apps gem. Anleitung, Lektüre eines Grundlagetextes vorab.
Lernziele
Die Teilnehmenden
- rekapitulieren die grundlegenden Anforderungen und Darstellungsformen des Mobile Reporting (MR) sowie deren unterschiedlichen Formate bzw. Kanäle
- können mit ihrem Smartphone multimediales Rohmaterial (Texte, Fotos, Audio, Video) aufzeichnen, grob bearbeiten und übermitteln
- kennen die dafür erforderliche Software (Apps)
- kennen Übermittlungs- und Speichermöglichkeiten – v.a. in Bezug auf redaktionelle Schnittstellen
- kennen professionelles Equipment fürs MR (Pro- und Contra, Beschaffungstipps)
- kennen Möglichkeiten des Teamworks unterwegs
Dozierender
Marcus Bösch arbeitet als freiberuflicher Multimediajournalist u.a. für die Deutsche Welle und das ZDF. Als Mobile Reporter hat er für die Tagesschau mit einem iPhone Bericht erstattet und eine komplette Radiosendung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk komplett auf einem Smartphone produziert.
Bösch betreibt das Blog http://www.mobile-journalism.com, hat das entsprechende Kapitel für das Journalistenlehrbuch «Universalcode» geschrieben und hält Workshops und Vorträge zum Thema. Bis jetzt u.a. für den NDR, die Deutsche Welle und die RTL Journalistenschule.
Allrounder, Handwerkerin oder Multimediajournalist?
Lokaljournalismus ist anspruchsvoll. Früher war er begehrt als Einstieg für Quereinsteiger. Heute fordern neue Medien mehr als nur klassisches Handwerk.
Wer in den Journalismus will, muss neugierig sein, über ein breites Allgemeinwissen verfügen, das Handwerk beherrschen. Er muss kommunikativ, vernetzt, flexibel und belastbar sein. Man sollte über eine rasche Auffassungsgabe verfügen und fähig sein, alle Kanäle zu bespielen – also nicht nur für die Zeitung zu schreiben, sondern auch das Internet multimedial zu bedienen. Je nachdem, wie einzelne Medien ausgerichtet sind, fordern Chefredakteure und Verleger einen sicheren Umgang in Sachen Multimedialität. Das sind hohe Anforderungen – Anforderungen, die selbstverständlich auch Auswirkungen auf das Berufsbild haben.
„Sanfte Professionalisierung“
Im Lokaljournalismus waren schon immer Allrounder gefragt. Allrounder, die über Politik, Gesellschaft, über Wirtschaft und Lokalsport berichteten. In vielen Lokalzeitungen drängten Quereinsteiger in den Beruf. Das bestätigt eine Studie, veröffentlicht von der Universität Zürich und anderen Forschungsinstituten im Jahr 2008. Bei Lokaljournalisten ist keine typische berufliche Herkunft festzustellen. Heterogen zusammengesetzte Redaktionen sind üblich. Typisch auch, so die Studie: Lokaljournalismus ist ein Einsteigerberuf für junge Journalistinnen und Journalisten, gleichzeitig aber auch ein Hort für alteingesessene „Urgesteine“.
Heute sei das anders, sagt Sabine Schmid, seit September Chefredaktorin des „Toggenburger Tagblatts“, einer Lokalzeitung im Nordosten der Schweiz mit einer Auflage von 5000 Exemplaren. Als sie vor zehn Jahren in den Lokaljournalismus einstieg, sei die Mehrheit der Redaktionskollegen aus anderen Berufen gekommen. Schmid leitet heute eine Redaktion mit sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, davon haben mit einer Ausnahme alle eine Matura. Die meisten haben anschliessend studiert. Die neue Journalistengeneration zeichne sich aus durch eine „sanfte Professionalisierung“, so das Ergebnis einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW in Winterthur, die im Herbst 2011 erschienen ist. Demnach sei der Anteil der Journalisten unter 35 Jahren ohne journalistische Ausbildung gerade bei den Lokalzeitungen zurückgegangen.
Guido Keel, Autor der Studie, führt das auf neue Ausbildungsmöglichkeiten an Universitäten und Fachhochschulen zurück. Allerdings seien gleichzeitig bisherige Angebote reduziert worden, insbesondere die langen Volontariate (länger als zwölf Monate) in Verbindung mit Ausbildungslehrgängen an Journalistenschulen. Dieser klassische Weg, der neue Kräfte ins Handwerk einführte, begleitet von Profis, die ihnen alle Facetten des Lokaljournalismus vermittelten und ihnen eine „Haltung“ lehrten, dieser Weg scheint an Bedeutung zu verlieren. Keel sieht einen möglichen Zusammenhang mit der Krise der Branche und der Konzentration in den Medien.
Ausbildung an der Journalistenschule
Lokaljournalismus gilt, zumindest in der Schweiz, innerhalb der Branche als minderwertig und ist folglich für viele noch immer ein Sprungbrett in die Redaktionen grösserer Zeitungen. Dieser Ruf klebe „zu unrecht“ am Lokaljournalismus, findet Sylvia Egli von Matt, Direktorin der Schweizer Journalistenschule MAZ: „Das Lokale wird zunehmend wichtiger.“ Denn je globaler wir agierten, desto wichtiger würden Informationen, die uns unmittelbar betreffen – aus unserem Umfeld, unserer Nachbarschaft, unserer Region. Eine These, die Verantwortliche anderer Zeitungen stützen. Das Lokale „als übersichtlicher Raum“ schaffe ein Stück Heimat. Dieses Stück Heimat abzubilden, darüber zu berichten, sich dem ständigen Balanceakt zwischen Nähe und kritischer Distanz auszusetzen, ist anspruchsvoll und fordert solides Handwerk.
Aber nicht nur. Die rasante Entwicklung neuer Technologien verlangt nach neuen Angeboten. So sind in den letzten Jahren Aus- und Weiterbildungsangebote in Multimedia und im Umgang mit neuen Medien zu einem zentralen Thema geworden. Das Lokale im Journalismus zu stärken, passende Angebote zu schaffen, aber auch den Austausch unter den lokalen Medien zu fördern, dafür engagiert sich die Journalistenschule MAZ. Und sieht sich dabei zum Spagat gezwungen: Ausbildung soll immer kürzer sein, doch Journalistinnen und Journalisten müssen immer mehr können, immer mehr produzieren, in immer weniger Zeit.
Um das zu leisten und die Qualität in den Zeitungen zu bewahren und zu optimieren, sind gute Arbeitsbedingungen in den Redaktionen wichtig, aber eben auch die Möglichkeit, sich aus- und weiterbilden zu können. Denn „Lokalredaktionen managen eines der kostbarsten Güter der Demokratie: Öffentlichkeit“, sagt Berthold L. Flöper, Leiter des Lokaljournalistenprogramms der Bundeszentrale für politische Bildung.
Neue Herausforderungen als Chance
Die Konzentration auf Print sei noch fest verankert, auch bei jungen Kollegen, sagt Josef J. Zihlmann, ehemaliger Chefredakteur des „Willisauer Boten“ und Geschäftsführer der SWS Medien in der Zentralschweiz. Von seinen Leuten erwartet er, dass sie alle Kanäle bespielen können: Zeitung, Onlineplattform, E-Paper sowie diverse Newsdienste. Der Wandel im Journalismus fordere von Journalistinnen und Journalisten ein Umdenken; nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich. Waren sie früher Allrounder, so müssen sie heute „Allrounder im Quadrat“ sein: Das Handwerk zu beherrschen, gilt nach wie vor. Doch heute sind sie zudem Multimediajournalisten: In allen Ressorts unterwegs. Das heisst: Texte schreiben über die Ressorts hinweg. Und wissen, wie sie welche Inhalte in welchem Medium optimal vermitteln können.
Einer, der die Chancen des neuen Medienzeitalters konsequent nutzt, ist Urs Gossweiler, Verleger aus dem Berner Oberland. Seine „Jungfrau Zeitung“ ist radikal lokal. Und radikal multimedial. Sie bedient verschiedene Online-Plattformen, die – nach eigenen Angaben – monatlich gegen 700 000 Mal abgefragt werden, und sie erscheint zweimal wöchentlich als Zeitung für 8000 Abonnenten. Sie hat einen eigenen Auftritt auf facebook und twitter.
Tatsächlich seien die Anforderungen in Sachen Multimedialität enorm gestiegen, so Gossweiler. Das klassische Handwerk beherrschen sei Grundvoraussetzung; „nur“ Texte zu schreiben, reiche nicht mehr aus. Wer bei der „Jungfrau Zeitung“ anheuert, muss ungleich mehr können als ein Journalist vor 15 Jahren. Es sind Multimediajournalisten, die nicht nur alle Ressorts bedienen, sondern ihre Geschichten für alle Medien zeitgerecht parat haben müssen.
Der Wandel im Journalismus fordert vom Einzelnen viel an journalistischem und technischem Knowhow. Er bietet aber auch Möglichkeiten, neue Quellen zu erschliessen, auf neuen Kanälen an Tipps, Stories und Geschichten zu kommen und über neue Verteilwege neue Zielgruppen zu erschliessen. So eröffnen sich dem Lokaljournalismus neue Impulse. Er ändert sich – und bleibt spannend und anspruchsvoll.
Barbara Stöckli
Quellen
Journalisten in der Schweiz – eine Berufsfeldstudie im Zeitverlauf, Guido Keel
Journalistinnen und Journalisten in der schweiz – Ein Berufsfeld im Wandel, Universität Zürich, Markt- & Sozialforschung gfs, Forschungsbereich Öffentliche Gesellschaft fög
www.maz.ch
�
3 / 3